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Eingeladen im Schloss Bellevue

Das Wilhelm-Gymnasium errang in diesem Durchlauf des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten einen hervorragenden 5. Platz von insgesamt 535 teilnehmenden Schulen.

Im vergangenen Schuljahr haben zwischenzeitlich 28 Projektgruppen an unserer Schule ihre Forschungsideen formuliert und diskutiert. Nach sechs Monaten intensiver Arbeit an den unterschiedlichsten Themen haben immerhin 9 Projektgruppen zwischen der 6. und 12. Klasse ihre Arbeiten einreichen können und warteten gespannt auf die Jurierung.

Podcasts, Hörfeatures, Präsentationen, Filme und klassische schriftliche Beiträge sandten unsere Schüler ein und am Ende errangen 5 dieser Beiträge je eine der begehrten „Landessieger“-Auszeichnungen. Zu diesem sensationellen Ergebnis kam einige Monate später noch die Auszeichnung eines Beitrags mit einem Bundespreis. Diese Anzahl verhalf uns am Ende dazu, dass einige unserer Preisträger zur feierlichen Preisverleihung ins Schloss Bellevue eingeladen und wir als Schule ausgezeichnet wurden.

Trotz ereignisreicher bundespolitischer Wochen nahm sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mehr als zwei Stunden Zeit für uns, um sich einen Querschnitt der Wettbewerbsarbeiten vorstellen zu lassen und am Ende die fünf Erstpreisträger persönlich auszuzeichnen.

Zu welchen Themen unsere Schüler forschten, entnehmen Sie den hier eingefügten Kurzzusammenfassungen aus den Veröffentlichungen der Körber-Stiftung:

 

Beitragsnummer 20171458

»Vertreibung, Glauben und die Presse. Die Darstellung der Salzburger Exulanten in der Hamburger Presse« von FriedrichFensch (Klasse 12, Wilhelm-Gymnasium Hamburg)

In seinem schriftlichen Beitrag untersucht Friedrich Fensch die Berichterstattung zweier Hamburger Zeitungen über die Gruppe der Salzburger Exulanten, welche als Protestanten 1731/32 aus dem katholischen Salzburg nach Ostpreußen flüchteten. Obwohl die Flüchtlinge nicht nach Hamburg kamen oder dort versorgt wurden, berichteten die beiden damals wichtigsten lokalen Zeitungen äußerst detailliert über die Geschehnisse. Nach der Auswertung der Zeitungen im Original und im Mikrofilm-Format kommt der Schüler zu dem Schluss, dass insbesondere die Verbindung über den Glauben und die konfessionelle Selbstpositionierung sowie die Sensationslust der Hamburger den Grund für die außergewöhnliche Berichterstattung darstellten. Die Rolle der Medien als Stimme und Verstärker gesellschaftlicher Meinungsbilder sieht der Autor auch in der heutigen Flüchtlingsdebatte gegeben.

 

Beitragsnummer 20170107

»Die Zanssen Affäre‹ Himmlers religiös-motivierte Intrige gegen den Kommandeur der Heeresversuch anstalt Peenemünde« von Rebecca Wischmann (Klasse 12, Wilhelm-Gymnasium, Hamburg)
Ausgehend von allgemeinen Nachforschungen über ihren Urgroßvater Leo Zanssen, Kommandeur der Heeresversuchsanstalt Peenemünde, erforschte Rebecca Wischmann in ihrem schriftlichen Beitrag die Hintergründe seiner Entlassung 1943, die offiziell mit seiner katholischen Konfession begründet wurde. Vor diesem Hintergrund beleuchtete die Zwölftklässlerin auch die Rolle von Religion und der katholischen Kirche im Nationalsozialismus. Auf Basis vielfältiger Archivrecherchen u.a. in Freiburg und Peenemünde sowie anhand von Gesprächen mit Experten kam die Schülerin zu dem Ergebnis, dass die Entlassung nicht religiös, sondern angesichts der ablehnenden Haltung des Kommandeurs gegenüber der nationalsozialistischen Partei politisch motiviert war.

 

Beitragsnummer 20170598

»Mein Saba ein Gründer Israels? Von der Idee bis zur Entstehung des modernen jüdischen Staates« von Noah Sheffer (Klasse 7, Wilhelm-Gymnasium, Hamburg)

In einem Film setzt sich Noah Sheffer mit der Biografie seines Saba – hebräisch für Großvater – und des- sen Rolle bei der Gründung des Staates Israel auseinander. Was hat seinen 1926 in Wien geborenen Großvater als europäischen Juden zur Auswanderung nach Palästina bewegt? Anhand von Museumsbesuchen in Israel, Interviews mit Zeitzeugen und Experten sowie Aufzeichnungen seines Großvaters ergründete der Siebtklässler dessen Lebensgeschichte und beleuchtete einzelne Aspekte wie die Mitgliedschaft des Großvaters in der jüdischen paramilitärischen Untergrundorganisation Hagana. Der an 5. bis 10. Klassen gerichtete Dokumentarfilm zeigt die Biografie des Großvaters vor dem Hintergrund der jüdi- schen Einwanderung nach Palästina von 1897 bis 1948. Religion, so das Fazit des Siebtklässlers, habe bei der Gründung des Staates Israel zwar eine entscheidende Rolle gespielt, die Konflikte zwischen der arabischen und der jüdischen Bevölkerung seien aber komplex und nur teilweise religiös begründet.

 

Beitragsnummer 20171247

»Scientology in Hamburg« von Alicia Matschullat, Zoë Jung (Klasse 12 Wilhelm-Gymnasium, Hamburg

 Ausgehend von der Frage, was eine Religion definiert, behandeln Alicia Matschullat und Zoë Jung in ihrem schriftlichen Beitrag die Hamburger Scientology-Gemeinde und die Kontroversen um den Status von Scientology als Religion oder Sekte. Die Schülerinnen führten hierzu Interviews mit Experten aus den Kirchen, der Lokalpolitik und dem Verfassungsschutz durch und untersuchten das Bild von Scientology in den deutschen Medien sowie in der Selbstdarstellung der Gemeinde. Angesichts der vielen kritischen Stimmen gegenüber der Gemeinde appellieren die Verfasserinnen an Scientology, sich für eine öffentliche Diskussion der Vorwürfe zu öffnen, und schließen mit einem Ausblick auf künftige gesellschaftliche Auseinandersetzungen um die Definition von Religionen und neuen Glaubensbewegungen.

 

Beitragsnummer 20171876

»›But they killed Christ‹. Christentum als Grundlage zur Rechtfertigung von Judenverfolgung. Spurens che am Beispiel eines polnischen Zeitzeugen in Warschau« von Daniel Maginess (Klasse 10, Wilhelm- Gymnasium, Hamburg)
Die Wiederentdeckung verschollen geglaubter Tonbänder eines Interviews seiner Mutter mit seinem Großonkel, einem Überlebenden des Warschauer Ghettos, nahm Daniel Maginess zum Anlass, sich mit dessen Lebensgeschichte auseinanderzusetzen. Er wertete das Gespräch aus und interpretierte es vor dem historischen Hintergrund. Zusätzliches Material für seinen schriftlichen Beitrag gewann er durch Gespräche mit weiteren Familienangehörigen. Die Biografie des Großonkels, der als polnischer Jude das Warschauer Ghetto und den Nationalsozialsozialismus überlebte, nach England auswanderte und schließlich eine deutsche Pastorentochter heiratete, untersuchte er vor allem im Hinblick auf die Rolle der Reli- gion. Im Fokus standen dabei die religiösen Aspekte von Antisemitismus und die persönliche Prägung von Menschen durch Religion oder Religionszuschreibungen.

 

Am 1. September 2018 startet eine neue Wettbewerbsrunde und wir sind gespannt, welchen Spuren man dann nachgehen wird.

Tobias Schröder

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